Urlaubsnotizen 2013, Nr. 3: Reisen, Wildschweine und der erste Tag

Von Menschen und WildschweinenNach einem doch gemüt­li­chen Früh­stück geht’s auf in die letz­te Run­de der Rei­se: wie in den Vor­jah­ren ver­ab­schie­det uns Bay­ern kühl mit Regen und Nebel. Am Bren­ner liegt noch Schnee, das hat­ten wir bis­her noch nie. Und auch nach pas­sie­ren der Alpen wird es zwar etwas wär­mer im Vene­to und der Poebe­ne, so rich­tig Ita­li­en­tem­pe­ra­tu­ren wer­den es aber nicht. Am letz­ten Rast­platz kurz vor Flo­renz, wo wir in den letz­ten Jah­ren immer das ers­te Eis geges­sen haben, wär­men wir uns heu­er am Espres­so auf.

Gegen 18:00 Uhr run­ter von der Auto­bahn, ers­ter Grund­ein­kauf in Tuo­ro und dann über den Pass und zum Haus. Wir laden das Gepäck aus, bezie­hen unser Zim­mer und kochen eine schnel­le Pas­ta. Dabei dann die ers­te Begeg­nung: Zunächst hör­ten wir nur ein Gegrun­ze und ein wüs­tes Kna­cken. Beim Blick aus dem Fens­ter sahen wir: Zwei Bachen mit acht Frisch­lin­gen, die sich die Kir­schen unter dem Süß­kir­schen­baum ein­ver­leib­ten. Das hat­ten wir hier noch nie gese­hen! Nur hat­ten wir damit eine Erklä­rung für das Kna­cken, das wir in den letz­ten Jah­ren immer des Nachts hier gehört hat­ten. Gese­hen hat­ten wir aber nie etwas. Zunächst scho­ben wir es auf die lan­gen Tage, dass wir sie die­ses Jahr sogar sehen. Doch weit gefehlt: In den nächs­ten Tagen kamen (und gin­gen) sie auch mor­gens. Offen­sicht­lich liegt das Haus auf der zwei­mal täg­li­chen Fut­ter­rou­te der Tie­re. Oder sie woh­nen in dem klei­nen Wäld­chen hin­ter dem alten Kirsch­baum, zwi­schen Haus und Stra­ße. Dag­mar ist noch hin- und her­ge­ris­sen zwi­schen Fas­zi­na­ti­on und den nied­li­chen Frisch­lin­gen und einem gehö­ri­gen Respekt vor den gro­ßen Wild­schwei­nen — man hört ja so eini­ges, von Wild­schwei­nen, die Jog­ger jagen im Kot­ten­forst und Inva­sio­nen in Wohn­zim­mer an der Ahr. Aber die umbri­schen Schwei­ne schei­nen Men­schen gegen­über sehr skep­tisch: sobald sie uns ent­de­cken, ein Grun­zer — und Abmarsch in Windeseile.

Wildschweine

Urlaubsnotizen 2013, Nr. 0: Von Menschen und Wildschweinen

In eini­ges Tei­len Umbri­ens gibt es noch reich­lich gro­ße Mobil­funk­lö­cher. Wäh­rend wir in Deutsch­land über viel­fa­che GPRS‑, UMTS- und in urba­nen Räu­men auch LTE-Abde­ckung debat­tie­ren (Für und Wider wei­te­rer Mobil­funk­mas­ten; Muss wirk­lich jeder Anbie­ter die vol­le Abde­ckung lie­fern?), wäre es hier schon Fort­schritt, wenn wenigs­tens ein Anbie­ter flä­chen­de­ckend ope­rie­ren wür­de. Ande­rer­seits ver­hilft uns die­se wört­li­che Funk­stil­le auch zu einer wun­der­ba­ren (Internet-)Ruhe und ver­hin­dert so auch den ein oder ande­ren digi­ta­len Schnell­schuss. Ent­schleu­ni­gung wird so etwas heut­zu­ta­ge ger­ne genannt. Trotz­dem schrei­ben wir unse­re Erleb­nis­se ger­ne auf. Es blei­ben so vor allem auch die skur­ri­len Din­ge, die uns den Tag verschönern.

Zu die­sen skur­ri­len Din­gen gehört für uns als Stadt­men­schen sicher, dass hier am Haus in der Wild­nis Wild­schwei­ne recht nahe ans Haus her­an­kom­men. Dazu gibt es einen eige­nen Arti­kel spä­ter. Die ers­te Begeg­nung mit die­sen Nach­barn hat uns aber so beein­druckt, dass sie Titel­ge­ber der dies­jäh­ri­gen Urlaubs­no­ti­zen sind: Von Men­schen und Wild­schei­nen. Die meis­ten Tex­te haben wir gemein­sam ver­fasst, in jedem Fall aber gegen­sei­tig redigiert…

Von Menschen und Wildschweinen

Unfassbar dreist

Das heu­ti­ge Fund­stück über­rasch­te uns am Früh­stücks­tisch. Es han­delt sich um die Scho­ko­creme, die ich am Sams­tag ein­ge­kauft habe. Der Wochen­ein­kauf muss­te mal wie­der war­ten bis Sams­tag — eigent­lich has­sen wir das. Sams­tag ist Markt­tag — viel­leicht noch mal die ein oder ande­re wenig gebräuch­li­che Zutat zum Sams­tag­abend-Din­ner, aber der wöchent­li­che Ein­kauf beim HIT soll­te erle­digt sein. War aber nicht. Ste­phan muss­te zu einer Ver­an­stal­tung, also auch noch allei­ne ins Sams­tag­nach­mit­tags-Getüm­mel eines gro­ßen Super­mark­tes in Tan­nen­busch. Immer, wenn ich dahin­kom­me, füh­le ich mich over­dres­sed. Ich glau­be, ich könn­te in mei­nen Sport­kla­mot­ten ein­kau­fen gehen, ich wäre trotz­dem over­dres­sed. Wenn ich mich schon so füh­le, kommt auch beim Ein­kau­fen gele­gent­lich mal mei­ne ver­snob­te Sei­te raus. Scho­ko­creme. Nicht Nutel­la, das ist ja nicht nur mit Pfer­de­blut ange­rührt, son­dern auch noch von einer Fir­ma, die Kin­der­ar­beit gou­tiert. Oder Nus­spli oder JA-Nuß-Nou­gat-Creme oder wie sie alle hei­ßen, die brau­nen, immer zu süßen und irgend­wie kleb­ri­gen Brot­auf­stri­che. Son­dern Gras­hoff (Fein­kost aus Bre­men seit 1872). Das ist SCHO­KO­LA­DEN­creme. Das schmeckt NUR nach Scho­ko­la­de (Milch oder Zart­bit­ter). Nun gut, das Glas ist gera­de mal halb so groß wie ein Nutel­la­glas, aber dafür fast drei­mal so teu­er. Ist ja auch Luxus fürs Sonn­tags­früh­stück (und das auch nur gelegentlich).

Ich habe also ein Glas davon gekauft. Sor­te Halb­bit­ter mit Espresso-Splittern.

Am Sonn­tag mor­gen soll­te es auf den Früh­stücks­tisch. Beim Öff­nen stel­len wir fest: die Papier­ban­de­ro­le ist schon geris­sen. Das Glas war schon mal auf. Mit Deckel ab sind die Spu­ren nicht zu über­se­hen: zwei­mal mit dem Fin­ger rein, Glas wie­der zu und zurück ins Super­markt­re­gal gestellt.

unfassbar dreist

unfass­bar dreist

Wie dreist ist das denn. Kin­der kön­nen das eigent­lich nicht gewe­sen sein, steht doch das Hoch­prei­si­ge in der obers­ten Regal­rei­he. Sol­che Erkennt­nis­se neh­men mir das Ver­trau­en in die Mensch­heit. Haben wir doch gera­de einen neu­en Papst und das Mana­ger­ma­ga­zin titelt “Die fet­ten Jah­re sind zurück”. Und dann so was.

Frü­her war das ja üblich, man­che Spei­sen vor dem Ein­kauf zu tes­ten. Auf dem Köl­ner Markt bei­spiels­wei­se wur­de die dort ange­bo­te­ne But­ter mit Pfen­nig­stü­cken ver­kos­tet. Heu­te noch bekom­men wir beim Käse­stand immer mal wie­der ein Stück zum Pro­bie­ren. Und die Schei­be Fleisch­wurst beim Ein­kauf beim Metz­ger fürs Kind ist auch immer noch üblich. Und andau­ernd steht jemand in einem Stand im Laden und bie­tet irgend­ei­ne groß­ar­ti­ge Neu­erfin­dung an: Man­go aus Para­gu­ay, die trotz 1. Klas­se Flug nur 1,99 € kos­tet, eine neue Keks­sor­te oder auch mal ein Stück Lasa­gne aus der Mikro­wel­le. Ehr­lich gesagt, auch im Super­markt ist es noch so: wer es dar­auf anlegt, kann bei jedem Ein­kauf diver­se Sachen essen. Aber ver­schlos­se­ne Glä­ser öff­nen, um den Inhalt zu pro­bie­ren? Das ist ein ech­ter Absturz aus dem, was wir das grund­le­gen­de zivi­li­sa­to­ri­sche Netz nen­nen. Sol­che Leu­te pin­keln auch an Haus­wän­de. Unfass­bar. In sol­chen Momen­ten bin ich für eine kom­plet­te Video­über­wa­chung, nicht nur öffent­li­che Plät­ze, auch Super­märk­te kompletto.

Ich wer­de mis­an­thro­pisch — und das ist Eure Schuld, Ihr gars­ti­gen Dreist­lin­ge, Scho­ko­creme­klau­er, Sonn­tags­früh­stücks­ver­mie­ser, grrrrmpf!

Am richtigen Ort

Plakat Lehrstellenaktion vor MVA Bonn

Irgend­was mit Menschen

… wären man­che Wer­be­pla­ka­te, vor allem groß­for­ma­ti­ge, wirk­lich gut auf­ge­ho­ben. So wie die­ses, des­sen beson­de­re Bot­schaft durch sei­nen Stand­ort wirkt. “Irgend­was mit Men­schen…” Ja, auch der Müll hat irgend­was mit Men­schen zu tun, wird gar Archäo­lo­gen der Zukunft haar­klein Aus­kunft über unse­ren All­tag geben. Wenn er nicht in einer Art rie­si­gem Kre­ma­to­ri­um ver­brannt wird, ther­mi­sches Recy­cling genannt. Dann bleibt nur die Rauch­fah­ne als Zei­chen, dass hier mal irgend­was mit Men­schen war.