Und wieder hat mich heute morgen der Einfallsreichtum von Produktdesignern und Werbetextern in Ehrfurcht erstarren lassen: Sollten nun tatsächlich biblische Wunder in deutschen Gärten erfahrbar gemacht werden? Live und in Farbe? Wasser zu Wein? Denn wie sonst lässt sich die Idee erklären, ein Regenwassersammelfass “Vino” zu nennen? Allein an der “naturgetreue[n] Holzfass-Optik” kann es nicht liegen. Dass der “Kunststoff-Auslaufhahn” (in Messing-Optik!) dann nur “Aqua-Quick” heißt, trübt das Gesamtbild doch ein wenig.
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Murphy’s law gilt auch bei Tauben
Gestern war ich mal wieder in der Stadt. Das erste Mal in diesem Jahr auf dem Weihnachtsmarkt. Gemeinsam mit Freundin H., mit der ich mich seit vielen Jahren schon an einem Adventsabend auf dem Weihnachtsmarkt treffe, um ein bisschen zu gucken, Glühwein und einen Eierpunsch zu trinken und mal sehen, was der Abend so bringt. Eigentlich hassen wir Eierpunsch, aber egal, Tradition ist Tradition. Wir sind ja nicht zum Spaß hier.
Gestern also war unser 2013er Mädels-Weihnachtsmarkt-Termin. Auf dem Weg zum Bahnhof, wo ich Freundin H. abholen wollte, traf ich am Eingang zum Münsterplatz auf einen Trupp Tauben. Die waren beschäftigt mit einer heruntergefallenen Tüte Popcorn. Sehr aufgeregt beschäftigt. Einer stand ein bisschen daneben und kriegte nichts ab. Aber dann kam seine Chance: Aus der Tüte rollte ein nicht aufgepopptes Maiskorn — man kennt das ja aus dem Kino, immer sind so ein paar nicht aufgepoppte Maiskörner knochenhart dazwischen. Dieses Korn nun rollte raus. Und der Täuberich hinterher. Das Maiskorn kullerte und kullerte, meterweise, und der Täuberich hinterher und pickte immer daneben. Es erinnerte ein bisschen an “kantaper, kantaper, in den Wald hinein”. Nur ohne Pfannkuchen. Dass massenweise Leute unterwegs waren und er andauernd irgendwelchen Füßen ausweichen musste, das war dem Täuberich aber völlig egal. Seine Geduld wurde aber belohnt: Irgendwann blieb das Maiskorn in einer Ritze zwischen den Pflastersteinen liegen. Jetzt aufpicken und feststellen, verdammt, dieses Ding ist ja knochenhart. Eben Murphy’s law.
Wenn der Name…
Über Namen und deren Bedeutung gibt’s ja vieles zu erzählen. In christlichen Kreisen heißt es stets, Benjamin ist kein Name, sondern ein Programm, Benjamins (oder Benjamine?) haben meist nur ältere Geschwister. Etwas bekannter dürfte der Spruch sein “Kevin ist kein Name, sondern eine Diagnose.” Bei Firmen- und Produktnamen wird es ungleich komplizierter. So wird immer gerne von den großen PR-Abteilungen multinationaler Konzerne berichtet, in denen Heerscharen gewiefter PR-Strategen damit beschäftigt sind, Produkte Namen zu verpassen, die a) eingängig, b) unverwechselbar, c) nicht durch andere Unternehmen oder gar Mitbewerber belegt sind und d) auch sonst keine weiteren Katastrophen heraufbeschwören. Trotzdem passieren immer mal wieder mehr oder weniger gravierende Ausrutscher. Erinnert sich noch jemand an den Microvan Serena von Nissan? Wer fährt schon gerne mit einer Damenbinde durch die Gegend? Es geht aber auch kleiner, einfacher:
Wie lässig kann man sein?
Das fragt die Überschrift über den heutigen Werbebeilage in der Tageszeigung. Es geht um Männermode. Und für das Titelbild gilt: Männlich geht anders. Meine Güte, was für zwei Milchtüten in Pseudo-Outdoor-Jacken und Jeans mit eingebauten Nutzungsspuren. Die Krönung findet sich allerdings gegen Ende des Mehrseiters.
Was ist das? Ein Clown? Schlechtsitzende Hose in — wie heißt die Farbe — “curry”? Könnte auch “Möhren-Kartoffel-Brei-im-BioHippgläschen” heißen. Und bunter Ringelpulli — an so etwas erinnere ich mich aus meiner Kindergartenzeit. Aber die Krönung ist die rote Steppjacke. Nicht nur, dass dieses Modell an dem Typen mindestens zwei Nummern zu klein aussieht — sie wäre auch furchtbar in der richtigen Größe. Und was trägt er mit so viel Spass inne Backen mit sich herum: ein Riesenwollknäuel als Deko? Für einen Mann???
Was bin ich froh, dass ich 44 und verheiratet bin.
Pfadfinderei
Wie häufig Sonntags, wenn die Sonne scheint, stellte sich die Frage: wo einen Spaziergang machen? Moment, war da in dem Knauber-Magazin nicht ein Vorschlag? Unter der Überschrift “Mein Sonntag”, Unterüberschrift “Für die ganze Familie”? Schnell nachgeblättert und in der Tat: ein Rundweg, Länge “4–6 km”, Titel “Kottenforst”. Der Kottenforst ist für den Bonner an sich ja mehr oder weniger der Stadtwald. Kann also nicht so weit weg sein. Aber Moment… Beim genaueren Lesen wurde es schon spannender. Forsthäuschen. Bis jetzt kannten wir nur das Jägerhäuschen. Römische Wasserleitung. Haben wir was verpasst? Dicke Eiche. Ist die nicht vor zwei Jahren umgefallen? Kloster Schillingskapellen. ??? So langsam kam in Erinnerung, dass der Kottenforst ein recht großes, nicht unbedingt nahtlos zusammenhängendes Waldgebiet ist. Also die Allwissende Müllhalde aka Internet gefragt. Erste Erkenntnis: Es muss sich um den Teil des Kottenforstes zwischen Buschhoven und Dünstekoven handeln.
Das alles las sich aber dann doch so spannend, dass wir uns auf den Weg machten. Der Parkplatz war auch schnell gefunden und auch der erste Hinweis, wie man zur Römischen Wasserleitung gelangt. Prima! Das Forsthäuschen scheint heute einen Reitstall zu beherbergen. Aber das ist ja jetzt nun wirklich eine Petitesse. Gut, die Römische Wasserleitung — bzw. deren moderne In-Szene-Setzung — gefunden, mittlerweile fing es an zu regnen, der Weg führt an der Luv-Seite des Walds entlang, wir schlagen uns in den Wald und kehren Dank passablem Orientierungssinn schnell wieder auf den Hauptweg in Richtung Parkplatz zurück. Dabei kommt uns der Teil “Basteln” des Knauber-Magazins wieder in den Sinn, denn wir brauchen noch eine Deckenlampe. (Man kann die Stelle, wo wir fündig wurden, gut im GPS-Log erkennen, der eigentlich fürs Markieren der Fotos mitläuft.
Irgendwie beschlich mich schon unterwegs der Verdacht, dass die — grob stilisierte — Karte, die bei dem Wandervorschlag abgebildet ist, nicht wirklich die Lage der Streckenziele abbildet. Von Maßstäblichkeit will ich ja gar nicht erst anfangen. Aber ein Vergleich der genannte Stellen auf der (Google-Maps-)Karte zeigt doch erhebliche Differenzen. Ich habe versucht, es mit Drehung, Spiegelung, Stauchung und allen möglichen Anderen kartografischen Kniffen. Aber ich bin noch nicht mal in die Nähe einer Ähnlichkeit gekommen.
Wenn die Bastelanleitungen ähnlich exakt sind, wie die Wandertipps, sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Anders wird’s nämlich nix.
Spießer im Herbst
Sonntag, Herbst, Waldspaziergang. Und heute habe ich endlich mal den Rucksack mitgenommen, um ein bischen Deko zu sammeln: Kastanien sind überwiegend durch. In diesem Teil vom Kottenforst wachsen auch eher Buchen und Eichen — und Lärchen, von denen nehmen wir ein paar Zapfen mit. Wir sind nicht lange unterwegs, da fängt der Regen an. Bunte Blätter sind also nass und bleiben deshalb im Wald.
Heute haben wir uns für die Wahl der Route vom Knauber-Magazin inspirieren lassen. Ein kleiner Rundgang mit Abstecher zu Resten einer
römischen Wasserleitung. Dank schöner Hinweistafel der Kollegen aus der Endenicher Straße wissen wir jetzt: es ist DIE römische Wasserleitung, über 100 km lang, Trinkwasserversorgung aus der Eifel für Köln.
Wegen des einsetzenden Regens und ekliger Windböen lassen wir den zweiten Teil des Rundweges aus und schlagen uns in einen Waldweg zum abkürzen.
“Ich hab da eine Idee: für unseren leeren Raum vorm großen Fenster, so ein Lichtobjekt aus einem getrockneten großen Ast.” “So mit LED-Lichtern. Ja, das sieht bestimmt gut aus. Lass uns mal schauen, ob wir was finden.”
Gesagt getan, man muss in so einem Wald auch gar nicht lange suchen. Mit dem gefundenen und zu unserer Zufriedenheit unregelmäßig geformten abgebrochenen Ast im Schlepptau geht es zum Parkplatz zurück. “Mist, weisst Du, wo wir das gesehen haben mit dem Ast und dem Licht? — im Knauber-Magagzin”. “Jetzt fehlt nur noch Strickzeug und Cupcake-Formen, dann sind wir völlig verspießert.”
Den Ast haben wir aber doch mitgenommen. Das wird bei uns ganz anderes aussehen als im Knauber-Magazin.
ohne Deko
Heute morgen am Frühstückstisch, blättern in den Werbebeilagen. Bei Rossmann gibts Fitnessgeräte für zuhause.Man muss schon genau hinschauen, um den subtilen Humor dieser Anzeige zu erkennen…
Wer bisher geglaubt hat, Frauen machen das für die Fitness oder die Figur — falsch gedacht. Sie sind einfach die Deko.
Geschenktes und Vergessenes
Das Fundstück von heute ist nicht gefunden, sondern geschenkt und ein bisschen vergessen. Und auch nicht mehr wirklich von heute sondern schon von Montag. Denn am Montag kam Kollegin und Freundin L. mit einem Riesenbeutel Äpfeln und Birnen. Teile der Ernte aus ihrem Garten. Sie überreichte ihn mit den Worten: “Das muss recht schnell weg, vor allem die Birnen.” Danke schön. Damit war das Programm für den Montag abend klar: Zum einen Birnenmarmelade (mit Weißwein und Sternanis) und Apfelkompott (mit ein bisschen Zimt). Übrig blieben drei Äpfel — diese Sorte, die man kochen muss, weil sie zum so essen einfach zu sauer sind. L. nennt die auch “Kochäpfel”. Die drei wanderten heute in den Apfel-Nuss-Kuchen. Wobei nur zwei in den Kuchen kamen. Denn ein Apfel entpuppte sich beim Durchschneiden als komplett braun von innen. Den habe ich im Garten für die Vögel platziert. Die anderen beiden geschält und kleingeschnitten, mit einer Handvoll Cranberries in den Kuchenteig gerührt und das ganze ab in den Ofen. Erst als ich den fertigen Kuchen aus dem Backofen holte, fiel es mir wieder ein: ich habe das Kuchenbacken eigentlich nur angefangen, weil ich am Freitag abend ein Riesenstück Marzipan geschenkt bekommen
habe — und das hatte ich im Kühlschrank einfach vergessen.
Das Marzipan war ein Fisch. Das klingt jetzt komisch, ist aber so. Am Freitag war unsere Filmpremiere “Von Fischern und Feiern”, wir waren zu Gast im Fischereimuseum Bergheim/Sieg, und die Fischerzunft aus Beuel kam und schenkte den Fischerbrüdern von Bergheim einen ziemlich großen Fisch aus Marzipan. Das können die gut machen, weil der Besitzer der Marzipanfabrik Beuel gleichzeitig ein Fischerzünftler ist. Und der Marzipanfisch wurde am selben Abend fachfischermännisch (oder fischerfachmännisch?) zerlegt und verteilt — und die Herrn Engels, Engels und Engels (das ist eine eigene Geschichte) haben mir ein großes Stück zum Mitnehmen eingepackt. Wie gesagt, das sollte in den Kuchen.…
Nun ist der Kuchen weniger süß geworden (was aber gar nicht schlimm ist), weil ich wegen des eingeplanten Marzipans weniger Zucker genommen habe. Und wir haben außer Kuchen immer noch Marzipan zum Naschen… Wobei ich ja Marzipan gar nicht so gerne mag, außer im Kuchen…
Kollegen, freut Euch auf morgen!
Rita
Am Samstag morgen unterwegs zum Bad Godesberger Markt, mit dem Fahrrad. Sonniges Frühsommerwetter (endlich), gute Laune, und eine romantische Botschaft auf dem Boden aufgesprüht: “Rita, ich liebe Dich”. Ach wie süß. Ein paar Meter weiter geht auch die Geschichte weiter. Nun wird klar, das ist nicht Hormonüberschwang von frisch verliebt, sondern Trennungsschmerz: “Warum hast Du mich verlassen?” Gute Frage, meistens gibts darauf auch eine klare Antwort. “Ich habe immer zu Dir gestanden.” Soso, das meinst Du zumindest. Vielleicht wars auch Kontrollzwang und Kletten. Der Gipfel kommt aber am Ende:
“Sieh wie verzweifelt ich bin, das ich sowas mache”
Wenn das nicht der Versuch ist, emotionalen Druck und Schuldgefühle aufzubauen. Was für ein Blödmann. Er ist nicht nur verlassen worden und verkündet sein Leid nun der ganzen Welt. Er entpuppt sich hier als egozentrischer Chauvi: ich, ich, ich — jeder Satz hat genau ein Subjekt. Ich bin unglücklich, ich habe alles für Dich getan — ich liebe Dich immer noch — für Rita ist da überhaupt kein Platz. Vermutlich war das während der ganzen Beziehung so. Hätteste mal früher drüber nachdenken sollen.
Rita, Du hast absolut Recht. Dieser Typ ist ein totaler Egomane. Lass Dich bloß nicht weichkochen von dem. Viel Glück Dir!
Freiheitsbäume?
Freiheitsbäume haben eine lange Tradition. Sie werden im 19. Jahrhundert populär — in und kurz nach den Befreiungskriegen gepflanzt, besonders beliebt sind Eichen. Deutsche natürlich. Aber über nationale Symbolik des 19. Jahrhunderts wollen wir heute gar nicht weiter diskutieren. Beim Spaziergang um und durch unser Dorf heute haben wir eine neue Art von “Freiheitsbaum” entdeckt. Eine kreative Umwidmung eines Maibaums. Nun, einen Tag vor offiziellem Maiende und damit dem Entsorgungstermin für Maibäume, haben ein paar Akteure aus dem Umkreis einer der beiden Dorfkneipen ihrem Unmut, dass sie tatsächlich zum Rauchen nach draußen gehen müssen, Luft gemacht. Kurzerhand die leeren Schachteln eines Abends zusammengebunden und am Maibaum drapiert, ein Schild mit der Aufschrift “Nichtrauchergesetz-Protestbaum” — fertig.
Steht das nun in der Tradition der politischen Freiheitsbäume? Geht es doch um die Freiheit, zu rauchen, wann und wo der Raucher will. Egal, ob der Nichtraucher nebenan sich gestört fühlt oder nicht. Das ist eine interessante Interpretation von Freiheit — und definitv nicht die, die Rosa Luxemburg meinte.
Ich kann es ja durchaus verstehen, da sitzt man gemütlich beim Bier zusammen, eigentlich würde die Zigarette dazu gehören. Ist aber nicht mehr — dank dieses Gesetzes. Also muss man zum Rauchen raus, es regnet, ist kalt — menno. Aber trotzdem — fürs Moppern gegen das Nichtraucher-Schutz-Gesetz Symbolik und Motiv des Freiheitsbaumes zu nutzen, ist eher unpassend. Und als Maigabe taugt es schon gar nicht.