
Ankündigung im Stadthaus am 25.03.2020. Eigentlich wäre heute Rechnungsprüfungsausschuss.
In den letzten zehn Jahren bin ich außerhalb der Schulferien (fast) jeden Montag zu 18:00 Uhr zur Sitzung der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Bonn gefahren, seit 2009 als sachkundiger Bürger, ab 2012 als Stadtverordneter und seit 2017 als Mitglied des Fraktionsvorstand bereits zu 16:00 Uhr. Rund um den 13.03.2020 wurde dann klar, dass auch diese Routine nicht mehr aufrecht erhalten werden kann, “Social Distancing” auch für uns. Am vergangenen Montag dann also die ersten Telefonkonferenzen von Vorstand und Gesamtfraktion. Das klappte schon gut. Für diese Woche hat unsere Fraktionsvorsitzende dann vorgeschlagen, wenigstens für den Vorstand eine Videokonferenz auszuprobieren, die “Fraktionssitzung” aber als Telefonkonferenz durchzuführen.
Ich finde es interessant, welche Möglichkeiten sich auf einmal auftun, was alles aus der “Nerd-Ecke” nun in den Mainstream wechselt. Vielleicht wird in Zukunft doch einiges mehr virtuell laufen. Trotzdem müssen wir dann auch nach den nötigen Ressourcen und der Teilhabe fragen. Wir haben also Wege gefunden, wie wir die “synchrone” Kommunikation innerhalb unserer Fraktion aufrecht erhalten können, neben E‑Mail, WhatsApp (immer asynchron) und “klassischem” Telefon, bei dem ja in der Regel nur zwei beteiligt sind.
Was machen wir aber mit den Ratsentscheidungen selbst? Für bestimmte Entscheidungen sind die Gemeindeordnung in der Tat das Instrument der Dringlichkeitsentscheidung (DE) vor, die aber an strenge Bedingungen geknüpft ist. Kurz gesagt: Es muss der Stadt ein Schaden entstehen, wenn die Entscheidung erst in der folgenden Ratssitzung getroffen wird.1 Nur wissen wir im Moment ja gar nicht, wann die nächste Rastsitzung überhaupt stattfinden wird. Nach ursprünglicher Planung wäre das morgen (26.03.2020). Zusätzlich kommt jetzt eine weitere Frage hinzu: Wie geht die Stadt mit den Elternbeiträgen in Zeiten von geschlossenen Kitas um? Werden Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege weiter unterstützt, obwohl auch diese schließen, aber weiter ihr Personal bezahlen müssen? Und: können die dazu wichtigen Entscheidungen trotzdem Demokratie konform, d.h. vor allem transparent und nachvollziehbar getroffen werden? Können oder müssen wir als Fraktionen nun Dringlichkeitsanträge stellen, um selbst Dinge anstoßen zu können, die wir für unaufschiebbar halten?
Das sind viele Fragen, auf die im Moment wohl niemand eine abschließende Antwort hat. Ich erlebe dazu aber zwei Dinge: Alle beteiligten gehen diese Dinge mit eine großen Ernsthaftigkeit an, aber auch mit einem hohen Maß an Willen zu kreativen Lösungen. Wir leben in besonderen Zeiten.
- Des Verfahren läuft so ab, dass eine solche DE an alle Fraktionen versandt wird. Diese können sich in einer bestimmten Frist dazu äußern, danach — wenn sich keine mehrheitliche Ablehnung abzeichnet — wird die sogenannte zweite Unterschrift (die erste in vom Oberbürgermeister) von einem/r Stadtverordneten eingeholt. In der folgenden Ratssitzung muss aber jede DE noch bestätigt werden.