Nach so viel Toskana haben wir doch noch einen Ausflug ins Herz Umbriens, in die Valle Umbra unternommen. Diese Schmwemmebene zwischen Spoleto im Süden und Assisi im Norden bietet vor allem an ihren Hängen einige wunderbare Schätze. Die Talebene selbst ist — bis auf Foligno — eher langweilig, geprägt von mittelständischer Industrie und Landwirtschaft. Auf den Kuppen und an den Hängen war es wohl immer sicherer oder man hatte den besseren Überblick, was auch immer.
Bettona
Wir sind also um kurz vor acht los, gegen neun waren wir in Bettona, pünktlich zum Frühstück in der ersten Bar am Platze, die — standesgemäß? — im Palazzetto del Podestà untergebracht ist. Die Gemeinde samt Museum (siehe unten) hatte da wohl etwas das Nachsehen. Wobei das Rathaus in einem durchaus repräsentativen Bau untergebracht ist, Typ mittelalterlicher Stadtpalast. Mit Blick auf den “Ein-Stand-Wochenmarkt” beginnen wir den Tag. Und am Ende schwatze ich dem Barista noch die Caffè-Tasse ab.
Rund um den Hauptplatz befinden sich nicht weniger als drei Kirchen in maximal 50m Entfernung. Zwei davon sind aber mittlerweile nicht mehr in Betrieb und deshalb geschlossen, die Wandmalereien/Fresken sind aber — durch Glasscheiben gut zu sehen.
Um 10:30 Uhr öffnet das Museum. Bettona ist die einzige (bekannte?) Siedlung der Etrusker (der Tusci) linksseitig des Tibers, also im Gebiet der Umbrer. Deshalb sind die Funde dort recht bemerkenswert. Das Museum präsentiert diesen (archäologischen) Teil aber nicht schlicht als eine Sammlung von 1000+n Fundstücken, sondern erklärt auch an Hand der Herausforderungen der Wasserversorgung (inkl. europäische Einordnung der Hydrogeologie) die ca. 2.000-jährige Siedlungsgeschichte — und das auf dem Niveau der etruskischen Siedlung, nämlich im Tiefkeller. Dagmar hatte die schöne Erkenntnis: “sag mal, laufen wir hier gerade um die alte Zisterne herum?” In der Pinakothek im Obergeschoss ist unter anderem eine Prozessionsfahne von Perugino zu sehen.
Bevagna
Nach einer wunderbaren Aussicht über das Tal mit Blick auf Perugia und Assisi fahren wir weiter nach Bevagna. Hier wollen wir uns vor allem die Mosaiken im römischen Bad ansehen.1 Deshalb müssen wir ein wenig auf die Zeit achten, denn — laut Reiseführer und diesem Internet — hat das Museum dienstags bis sonntags von 10:00 Uhr bis 13:00 Uhr und von 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr geöffnet. Schön wäre, wenn das stimmen würde. Vor Ort steht auf dem Schild “Goiovedi [sic!] Domenico // Thursday to Sunday” — also erst am Donnerstag wieder. Damit fällt auch das Teatro Francesco Torti flach, das auch über das Museum zu besichtigen ist.
Auf der Suche nach einer geöffneten, nicht zu touristischen Bar/Osteria finden wir tatsächlich etwas zufällig mein Fotoziel, das ich noch in Bevagna eingeplant habe. Eine kleine Staustufe des Topino, an der ein (restauriertes) Mühlrad steht, und das alte (öffentliche?) Waschhaus, das Lavatoio dell’Accolta. Über den Fluss spannt sich hier eine mächtige Brücke der Porta Molino aus dem 15. Jahrhundert, auf dessen Vorplatz wir nun ein wunderbares Restaurant finden und eine sehr entspannte Pause machen.
Foligno
Gestärkt und guten Mutes, den Ärger über widersprüchliche Touri-Infos im wahrsten Sinne heruntergeschluckt, geht es nun nach Foligno. Hier wollen wir uns vor allem Kirchen ansehen. Auf dem Weg von Bevagna nach Foligno einer schnurgeraden (Römer-?)Straße sehen wir schon von weitem unser erstes Ziel: Die Chiesa di San Paolo Apostolo, entworfen von Massimiliano Fuksas. Ein wahrhaft imposanter Bau. Auch wenn es eine ganz moderne, kubisch-schlichte Betonkirche ist, in einer Ecke ist natürlich eine Gips-Madonna aufgestellt, Typus Lourdes, inklusive Behang mit Rosenkränzen und kleinen Briefchen. Rund um die Madonna haben auch ein paar Möbelreste aus der alten Kirche ihren Platz gefunden, die eigentlich nicht so recht in den Stil der neuen Kirche passen. Wir hören quasi die Diskussionen im Pfarrgemeinderat…
In der Altstadt besichtigen wir den Palazzo Trinci, ein typischer, gotischer Stadtpalast der Familie der Herrschenden, dessen gesamte (Fresken-)Ausstattung offensichtlich allein der Machtdemonstration diente.
Der Dom ist noch wegen der Erdbebenschäden aus 2016 geschlossen, das Oratorio della Nuntialla hat von April bis Oktober samstags und sonntags zwischen 10:00 Uhr und 13:00 Uhr sowie zwischen 16:00 Uhr und 19:00 Uhr geöffnet. Also auch nichts. Dann fahren wir halt zurück und freuen uns auf den Pool.
Urvinum Hortense
Versöhnt werden wir dann noch durch die Ausgrabung von Urvinum Hortense in der Nähe von Collemancio. Eine römische Siedlung, auf einem Rücken am Westhang der Valle Umbra, unter anderem mit einem Tempel aus dem 2. Jh. v. Chr., Ruinen einer Zisterne sichtbar, einem weitläufigen Thermalkomplex — und einem schönen Blick auf Assisi.