Und auch dieses Jahr wird es wieder in das uns wohlbekannte Dorf in der Mitte Italiens gehen. Seit 15 Jahren fahren wir im Sommer dorthin, mit zwei oder drei Unterbrechungen. Das hört sich nun erstmal nicht sehr spannend an. Aber erstens soll es auch gar nicht spannend sein, denn wir wollen vor allem einfach viel Ruhe haben. Dazu trägt auch bei, dass an dem Haus unserer Freunde nach wie vor kein Mobilfunkempfang ist. Kein Telefon, kein Internet, nichts. “Außenkontakt”, wenn wir es wollen. Zweitens gibt es immer noch viele Dinge neu oder mittlerweile auch wieder zu entdecken. Gerade dieses Jahr wird letzteres wieder das ein oder andere Mal der Fall sein. Dazu dann bei Gelegenheit mehr.
Ziele & Karten
Wie bereiten wir uns auf unsere Reise vor? Zunächst einmal ganz klassisch mit Reiseliteratur aus den Häusern DuMont und Baedeker.1 Aber mittlerweile kommt aus Instagram als Quelle dazu. Dort folge ich Hashtags wie #Umbria oder #Toscana. Natürlich helfen auch die Blicke in die Reisevorbereitungen und eigenen Blogeinträge der letzten 15 Jahre. Und dann gibt es noch Bücher wie 111 Orte in Umbrien, die man gesehen haben muss. Alles zusammen in Google-Maps eingetragen, ergibt ein recht buntes Bild der Orte, die wir bereits besucht haben, die für dieses Jahr auf dem Programm stehen und solche der Kategorie “würde sich sicher auch mal lohnen.”
Am 2. Juli 2019 erschien in der Süddeutsche Zeitung ein Artikel zur “Musealisierung der Toskana”.2 Das Phänomen ist erstaunlich, aber eigentlich nicht verwunderlich. Auch nicht, dass es gerade unter den Faschisten Hochkonjunktur hatte und munter bis heute fortlebt. Und dass nun ein Oligarch da ganze aufkauft, ist dann schon fast folgerichtig.
Im Wesentlichen habe ich für dieses Jahr eine Drei-Tages-Tour geplant. Am ersten Tag mit ein, zwei Zwischenstationen nach San Gimignano. Abends dann nach Siena. Dort den zweiten Tag komplett. Der oben genannte Artikel wird nun sicher Einfluss auf meine Betrachtungen haben — nicht nur in Siena. Am dritten Tag nach San Galgano und von dort “über Land”, vermutlich mit einem Stopp in Montepulciano zurück.
Gelee & Marmelade
Auf dem Grundstück rund ums Haus stehen auch jede Menge Obstbäume: vor allem Kirschen, Äpfel und Pflaumen. Vor ein paar Jahren waren wir bereits Mitte Juni vor Ort, zu einer Zeit, als die Kirschen richtig, richtig reif waren. Im ersten Jahr haben wir uns noch damit beholfen, die aufgekochten Kirschen für eine Konfitüre durch ein Sieb zu streichen, damit die Kerne raus kamen. Im nächsten Jahr, zur ähnlichen Zeit, hatten wir immerhin einen Entsteiner dabei, der aber auch nicht wirklich half — die Kirschen waren schlicht zu klein. Im Jahr darauf hatten wir dann — ja, haltet uns für verrückt — zum ersten Mal den “Mia-Safter” (Baujahr 1967) meiner Mutter dabei. Nur leider waren wir in dem Jahr — und in allen folgenden Jahren — frühestens im Juli “unten”, so dass es mit den Kirschen vorbei war. Aber gut, dafür dann mit Pflaumen, Äpfeln und anderem Obst. Ich bin gespannt, was wir dieses Jahr ernten, kaufen und verarbeiten. Und Etiketten werde ich auch wieder entwerfen.
… und etwas Politik
Die Ereignisse Anfang des Monats rum um die Kapitänin Rackete und die Seawatch 3 beschäftigen uns natürlich auch. In unseren Augen hat sie absolut richtig gehandelt (von dem von ihr selbst eingestandenen Fahrfehler einmal abgesehen). Die rechtspopulistische bis rechtsextreme italienische Regierung versucht hier wieder einmal auf dem Rücken von 40 bis 50 Menschen ein unwürdiges, menschenverachtendes Exempel zu statuieren. Warum ich das hier schreibe? Erstens, weil man das nicht oft genug wiederholen kann. (Der Populismus lebt ja auch von der ständigen Wiederholung seiner Parolen.) Zweitens werden wir ja im Dorf wiedererkannt. Ich bin gespannt, ob wir auf das Thema angesprochen werden.3
Das Titelbild
Das Titelbild der diesjährigen Sommerurlaubsnotizen hat folgende Elemente: Im Hintergrund ist eine Foto einer Terrakotta-Platte, die wir 2018 aus Umbrien für Beeteinfassungen in unserem Garten mitgebracht haben. Die ersten liegen bereits. Die Schrift ist die Monterchi von Zetafonts, einer Schriftgießerei (engl. font foundry) aus Florenz. Ob wir es dieses Jahr mal wieder schaffen, zur Madonna del Parto von Piero della Francesca in Monterchi zu kommen, werden wir sehen.4
Und damit machen wir uns dann mal morgen auf den Weg und werden berichten.
- Genau genommen wohl eher aus dem Haus DuMont/Baedeker/…, denn die Adressen in den Impressen ist die selbe.
- Thomas Steinfeld: Orig. ital. Mittelalter, Süddeutsche Zeitung, aufgerufen am 02.07.2019
- Um so mehr freut es mich, dass einen Tag später David Sassoli vom Partito Democratico zum neuen Präsidenten des Europäischen Parlaments gewählt wurde — bei aller Kritik an der aktuellen Besetzung der europäischen Spitzenpositionen hin oder her. https://www.zeit.de/politik/ausland/2019–07/italiener-david-sassoli-wird-neuer-eu-parlamentspraesident
- Diese Madonna hat es sogar schon in einen Aufsatz von Dagmar geschafft: Dagmar Hänel: Maria hat geholfen. Heterodoxe Konzepte von Heilung in Kontexten christlicher Religion, Religiosität und Spiritualität. In: Michael Simon, Mirko Uhlig und Johanne Lefeldt (Hg.), Sinnentwürfe in prekären Lebenslagen. Waxmann Verlag, 48159 Münster, 2014
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