Einleitung
Im Frühjahr diesen Jahres war viel von rechten Umtrieben in der Bundeswehr zu lesen und zu hören1. Neben dem damals aktuellen Anlass (dem Fund von “Devotionalien” aus dem sog. Dritten Reich), wurde auch mal wieder von den Veteranentreffen in Mittenwald berichtet.2 Hier stolperte ich über “Falzano di Cortona”. In diesem Dorf wurde am 26. Juni 1944 von der deutschen Wehrmacht eines der vielen Massaker verübt: Als “Vergeltung” für einen Partisanenangriff wurden Bewohner des Dorfs in ein Haus gepfercht und dieses dann gesprengt.3. Eine Suche in Google Maps ergab, dass Falzano nur wenige Kilometer von San Leo Bastia entfernt ist, ein Besuch war nun fest eingeplant.
Der Ort (oder das, was davon übrig ist) hat Erinnerungen wach gerufen, mich nachdenklich gemacht.
1.) 1980: Mont d’Huisnes
1980 bin ich mit meinen Eltern in der Normandie unterwegs gewesen. Auf dem Programm stand auch ein Besuch der deutschen Kriegsgräberstätte Mont d’Huisnes. Dort ist mein Großvater Wilhelm Eickschen bestattet. Er starb am 07.08.1944. Er war bereits in amerikanischer Kriegsgefangenschaft in Auray, als er von einem Franzosen erschossen wurde.
2.) 1986: Carnac
1986 bin ich mit meiner damaligen Freundin per Interrail in Frankreich gewesen. Eine Station war Carnac in der Süd-Bretagne, ca. 15km von Auray entfernt. Andrea und ich konnten (damals) recht gut französisch. Es war also kein Problem am Rande einer Pferdekoppel mit einem älteren Herrn in Gespräch zu kommen, der uns angesprochen hatte. Nach einigen Minuten netter Unterhaltung fragte er, wo wir denn herkämen. Wir: “Allemagne.” Er: “Ah. Allemands.” Sprach’s, drehte sich um und ging.
3.) 2017: Falzano di Cortona
Nun fahren wir also seit Jahren nach San Leo Bastia in Urlaub, das gerade einmal 3,5km Luftlinie bzw. ca. 5 Straßenkilometer von Falzano entfernt ist. Wir gehen dort in eine Bar, die seit 1924 in Familienbesitz existiert. Der Senior ist in einem Alter, in dem er die Ereignisse vielleicht nicht unbedingt selbst erlebt oder direkt erfahren hat, aber sicher mit den Erzählungen davon groß geworden ist. Welche Erinnerungen trägt er oder die ganze Familie mit sich? Wir werden jedes Jahr freundlich(er) begrüßt, einer aus der jüngsten Generation studiert in Berlin.
3½.) 2017: Europa
Wenn ich das alles zusammennehme, werde ich noch wütender, wenn ich an den wieder auflebenden Nationalismus in Europa denke. Wie können wir es zulassen, was da mit dem Europa gemacht wird, das unsere Großeltern auf den Trümmern des Krieges aufgebaut und unsere Eltern ausgebaut haben? Wir müssen es gegen diese Umtriebe verteidigen! Aber nicht im Stillstand hegen und pflegen, sondern jeden Tag leben und weiter entwickeln.
- Update 17.08.2017: In diesen Tagen scheint der nächste “Fall” publik zu werden.
- taz vom 25.05.2017: <http://www.taz.de/!5409570/>
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- Süddeutsche Zeitung vom 17.05.2010: <http://www.sueddeutsche.de/politik/kriegsverbrechen-im-zweiten-weltkrieg-ein-furchtbarer-ort‑1.195739>
- Wikipedia: <https://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Scheungraber>
- Projekt “Gedenkorte Europa”: <http://www.gedenkorte-europa.eu/content/list/284/>