Heute Abend ist es also wieder so weit: Mit Beginn der Dämmerung laufen gruselig verkleidete Kinder durch ihre Wohnviertel und fordern mit dem Ruf „trick or treat“ Süßigkeiten ein. Wenn die kleinen schon längst wieder zu Hause sind, ziehen die älteren Geschwister zur Halloweenparty, zurechtgemacht als Hexe, Vampir, Zombie oder sonst wie, Hauptsache irgendwie schaurig. Eltern genießen den dann ruhigen Abend mit Kürbissuppe, vielleicht exotisch mit Kokosmilch, vielleicht klassisch mit Kürbisöl und gerösteten Kürbiskernen. Damit lässt sich ja wunderbar das beim Aushöhlen der Deko-Kürbisse für den Vorgarten angefallene Kürbisfruchtfleisch verarbeiten. Alle freuen sich auf den folgenden Feiertag Allerheiligen zum Ausschlafen. Es ist Halloween.
Und wie in jedem Jahr seit etwa 1990 setzte in den zwei Wochen vor dem 31. Oktober das schon rituell zu nennende Halloween-Bashing mit einer verqueeren Mythisierung und Ideologisierung ein.
Kreuzen Sie an, welcher Vorwurf Ihnen am besten gefällt (Mehrfachnennungen möglich):
- Halloween ist ein heidnisches Totenfest, keltische Druiden haben in dieser Nacht Menschenopfer vollzogen.
- Halloween ist amerikanischer Kulturimperialismus.
- Halloween ist eine Erfindung einer sinnentleerten Eventkultur, die zwischen Sommerferien und Weihnachten unbedingt noch eine werbewirksame Konsum- und Feierveranstaltung braucht.
- Halloween ist eine Bedrohung für „unsere“ traditionellen Feste Allerheiligen (das werde durch die ganze Kürbisfeierei vergessen) und St. Martin (zwei Wochen später ähnliche Brauchhandlungen, aber ohne den spannenden Gruseleffekt, da werden sich die Kinder wohl langweilen).
- Halloween ist der Untergang des christlichen Abendlandes.
Aus Sicht von Menschen, die sich mit diesem Fest, seiner Geschichte, Entwicklung und seinen aktuellen Formen wissenschaftlich auseinandersetzen (man nennt die Ethnologinnen, Kulturanthropologinnen oder Volkskundlerinnen, sind aber auch Männer dabei), ist das alles ziemlicher Bullshit.
Hier nun in aller Kürze (wer die Details nachlesen will, dem schicke ich auf Anfrage gerne eine fundierte Literaturliste): Die Wahrheit über Halloween
Halloween ist entstanden als Feier des Vorabends von Allerheiligen.
Einen Feiertag schon am Abend vorher zu beginnen ist gute christliche Tradition, die sich aus jüdisch-christlichem Zeitverständnis erklärt, wie es im Alten Testament formuliert und von Martin Luther anschaulich übersetzt ist: „Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag“ (1. Mose 1,5). Diesem Denken haben wir übrigens auch den „Heiligen Abend“ und Silvester zu verdanken. Der Zusammenhang zwischen Halloween und Allerheiligen zeigt sich schon im Namen: Halloween ist abgeleitet von „all hallows eve“ – also der Allerheiligenabend.
Allerheiligen ist ein christliches Gedenkfest, das kollektiv an sämtlich Heilige der Kirche erinnert – im Gegensatz zu den individuellen Heiligengedenktagen wie Nikolaus am 6.12., Barbara am 4.12., Martin am 11.11. etc. Dieses Fest wird im Frühmittelalter etabliert, 835 durch Papst Gregor IV für die gesamte Westkirche auf den 1. November festgelegt. Ende des 1. Jahrtausends entsteht in Frankreich der Feiertag Allerseelen, der 1006 wiederum durch päpstliches Dekret auf den 2. November gelegt wird. Allerseelen ist der Gedenktag für alle Seelen, also alle bereits verstorbenen Menschen (egal ob sie heilig sind oder nicht). Dieses Doppelfest wird im Mittelalter enorm populär, weil es rituelle und symbolische Ausdrucksformen für ein relativ kompliziertes theologisches Konzept vom Jenseits bietet, das genau um die erste Jahrtausendwende diskutiert und etabliert wird: Das Purgatorium, die Notwendigkeit einer Läuterung der Seelen vor dem jüngsten Gericht, die Beziehung zwischen Diesseits und Jenseits.
Die Armen Seelen und das Fegefeuer
Das frühe Christentum war eine eschatologisch ausgerichtete Religion, das bedeutet, sie glaubten, das Ende der Zeit würde bald kommen. Christus wird zurückkehren, dann werden alle Menschen gerichtet, kommen entweder in die ewige Verdammnis der Hölle oder ins Paradies. Es erscheint auch ganz logisch, dass Menschen Berechnungen anstellten, wann denn mit dem Ende der Welt zu rechnen sei – die erste Jahrtausendwende war da ein ganz heißer Kandidat als Termin für das Jüngste Gericht. Nun, die Geschichte hat gezeigt, dass da irgendwo ein Rechenfehler vorliegt – wie übrigens auch für die zweite Jahrtausendwende, wir erinnern uns, dass auch da diverse Weltuntergangsszenarien entworfen wurden. Aber zurück ins Jahr 1000 – der jüngste Tag kam nicht. In diesem Kontext entstand ein interessanter Diskurs unter Philosophen und Theologen nach der Frage, was macht die Seele nach dem Tod? Wo warten die Seelen auf ihre Gerichtsverhandlung? Lässt sich die Wartezeit nicht sinnvoll gestalten? Durch schon mal Beginn der Läuterung? Denn – und auch dieses Thema beschäftigte die Menschen enorm: Sind wir nicht alle Sünder und keiner von uns wird es leicht haben beim Wägen der Seele am Jüngsten Tag.
In diesem Kontext entsteht die Vorstellung des Fegefeuers, lat. Purgatorium. Das ist ein Ort im Jenseits, wo die Seelen gereinigt werden, bevor sie dann geläutert am Jüngsten Tag ihr endgültiges Urteil erwarten. Reinigung, vor allem spirituelle Reinigung, funktioniert prima mit Feuer (so mittelalterliches religiöses Denken). Und so schmoren die Seelen im Fegefeuer, wie in unzähligen Kirchen, Kapellen und Bildstöcken dargestellt. Aber jetzt kommt der eigentliche Clou: Das Fegefeuer ist keine Einbahnstraße, sondern bietet eine Verbindung zwischen Diesseits und Jenseits. Diese Vorstellung einer Verbindung zwischen Diesseits und Jenseits ist eigentlich in allen Religionen irgendwie vorhanden, aber oftmals zwar in populären Überlieferungen verbreitet, aber von Seiten der jeweiligen Amtstheologie als Aberglaube verpönt. Nun bietet der Arme-Seelen-Glaube dem mittelalterlichen Christen ein anschauliches und attraktives Denk- und Verhaltensmuster: Mein Handeln im Hier und Jetzt hat Auswirkungen auf die Verstorbenen – auf meine Verstorbenen. Mit Gebet, Rosenkranz, Almosen und sonstigen guten Werken kann ich konkret das Leid der Armen Seelen lindern. Wenn wir die Solidargemeinschaft der Vormoderne dazu denken ist damit direkt die Sicherheit verbunden: Wenn ich tot bin und meine Seele im Fegefeuer schmort, wird auch jemand für mich entsprechend sorgen: Familie, Nachbarn, Mitglieder meiner Bruderschaft, meiner Zunft, oder auch einfach jeder Fremde, der an einem Wegkreuz vorbeikommt und sich bekreuzigt oder ein Gebet spricht. Dieser Gedanke findet sich heute noch oft in Inschriften auf alten Wegekreuzen oder Bildstöcken formuliert.
Insgesamt ist das Konzept des Fegefeuers und der Armen Seelen natürlich auch kirchlicherseits attraktiv, denn es lässt sich für die religiöse Didaktik einsetzen. Der nächste Schritt ist auch irgendwie folgerichtig und ganz pragmatisch: vielleicht geht ja neben oder zusätzlich zu einer christlichen Lebensführung auch eine Spende für die Armen Seelen. Kann man vielleicht auch Vorsorge betreiben? Im Testament verfügen, dass ein Teil des Erbes zur Finanzierung von Messen ausgegeben wird, bei denen für meine Seele im Fegefeuer gebetet wird. Es ist nachvollziehbar, dass diese Idee ebenfalls sehr populär wurde. Das Ablasswesen entwickelte sich aus diesem Gedanken, sicher ist der Spruch bekannt: „Der Taler in dem Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt“. Dieser im Spätmittelalter dann massive Ablasshandel war einer der wichtigsten Kritikpunkte Martin Luthers an der katholischen Kirche. Und ich glaube auch, es ist kein Zufall, dass Martin Luther seine Thesen am Tag vor Allerheiligen an die Kirchentür zu Wittenberg genagelt hat. Luther predigte am 2. November 1522 über die Feiertage Allerheiligen und Allerseelen: „Ich wolt dass sie in allen landen wern auffgehaben, alleyn umb des misbrauchs willen, der doryn geschicht.“
Bräuche
Theologische Diskurse und religiöse Regeln sind das eine, ihre Umsetzung und Repräsentation in Brauch und Alltag eine andere. Und im Doppelfeiertag Allerheiligen/Allerseelen, der in der Brauchpraxis eben schon am Vorabend begann, verbinden sich ganz unterschiedliche symbolische Praxen.
Zum einen geht es um das Erinnern an die Toten: Totengedenken ist immer auch ein memento mori, also eine Erinnerung an die eigene Sterblichkeit. Das hat stets etwas Ambivalentes, changierend zwischen Glauben und Angst. Zum anderen war der Doppelfeiertag ein Fest, also Grund zu feiern, zur Ausgelassenheit. An dem Fest sollten alle teilhaben könne, auch die wirtscchaftlich schlecht gestellten. Denn Arme Seelen, das sind ja nicht nur die Toten im Fegefeuer, sondern das sind vielleicht auch die Armen im eigenen Lebensumfeld. Und von denen gab es viele in der Vormoderne: Tagelöhner, Heuerleute, Kranke, Versehrte, Heimatlose – im Sommer und Herbst konnten viele des „vormodernen Prekariats“ als Tagelöhner in der Landwirtschaft arbeiteten, gerade zur Erntezeit wurden immer Arbeitskräfte gebraucht. Im Winterhalbjahr sah es schlecht aus mit solchen Zuverdienstmöglichkeiten. Und in Zeiten vor jeglicher staatlichen Absicherung, waren diese Menschen auf sich allein gestellt, bzw. auf die Solidarität der anderen angewiesen. Hier liegt die alltagspraktische Bedeutung der zahlreichen Winterbräuche, die alle auf das christliche Gebot der Nächstenliebe verweisen: Von Allerheiligen bis Karneval enthielten fast alle wichtigen Festtermine so genannte Heischebräuche. Heischen ist das erbitten von Gaben. Es ist kein Betteln, sondern eine durch den Brauch erlaubte Handlung. Es gibt vom Heischenden stets eine Gegengabe, das ist der Segen oder das Gebet. Und hier schließt sich der Kreis zum Arme-Seelen-Glauben.
Heischebräuche waren für die Armen ein wichtiges Versorgungselement. Erheischt wurden Lebensmittel, besonders haltbare wie Eier, Hülsenfrüchte, Kartoffeln und Speck. Auch Brot und Backwerk gehörten dazu, in vielen Gegenden wurde spezielles Allerheiligenbrot gebacken, die schwäbische „Seele“ und der englische „Soulcake“ haben ihren Ursprung in diesem Brauch. Alkohol war ebenfalls gern genommene Gabe, denn das Heischen diente auch der Verköstigung beim gemeinsamen Feiern: Ein Teil der geheischten Nahrungsmittel wurde gemeinsam verzehrt, es wurde gesungen, getanzt, gespielt, oftmals mit karnevalesken Elementen und in der Umsetzung durchaus auch derb.
Der Abend vor Allerheiligen wurde im ganzen christlichen Europa so oder ähnlich gefeiert. Erst die kirchliche Aufklärung im 18. Jahrhundert führte zu einem deutlichen Rückgang der vielen sinnenfrohen und eben auch derben Festbräuche. Sie wurden teilweise verboten, teilweise durch Regelungen und Aufsicht eingedämmt, vielerorts gingen sie verloren – nicht nur, weil die aufgeklärte Kirche sie nicht mehr dulden wollte, sondern vor allem, weil durch vermehrte staatliche Sozialfürsorge (und ‑disziplinierung) ihre alltagspraktische Funktion als Solidarbrauch entfiel.
Die Iren
In diese allgemein europäische Situation fiel die Massenauswanderung von Iren in die Vereinigten Staaten von Amerika. Irland erlebte zwischen 1845 und 1852 eine katastrophale Hungersnot. Mehrere Jahre hintereinander wurde die Kartoffelernte durch die Kartoffelfäule zerstört, Kartoffeln waren das Hauptnahrungsmittel der Bevölkerung. Hinzu kamen politische und religiöse Repressionen durch die britische Besatzungsmacht, Folge war eine Massenmigration in die USA.
Und wie das mit Migranten so ist – auch die Iren, die in großen Gruppen kamen, wurden ausgegrenzt, lebten ghettoisiert, wirtschaftlich am Existenzminimum. Als Konsequenz schlossen sie sich besonders eng zusammen und tradierten ihre eigene Kultur: katholisch, konservativ – mitsamt der dazugehörigen Feste, die in der Situation der Diaspora natürlich besonders bedeutsam werden. Die Iren bringen also ihr katholisches Allerheiligen mitsamt dem ausgelassenen Feiern am Vorabend in die USA. Hier entwickelt sich der Brauch weiter. Vor allem im Zuge des nationalen Zusammenwachsens der Einwanderungsgesellschaft USA mit Wirtschaftsaufschwung und zunehmendem Wohlstand ab Ende des 19. Jahrhunderts wird der typische Heischegang immer mehr zu einem Kinderspaß. Eine ganz ähnliche Entwicklung findet im Rheinland übrigens am St. Martinsbrauch statt.
Damit aber das katholische Allerheiligen zu einem zentralen Fest einer multireligiösen und multikulturellen Gesellschaft wie der USA werden konnte muss es transformiert werden. Das katholische Gerüst, vor allem der Enge Bezug zu Allerheiligen, wird abgelegt, das massenkompatible Spaßritual des Verkleidens, des Trick or treat und die leichte Gruselatmosphäre durch Bezug auf das Totengedenken bleiben erhalten.
Amerika und der Re-Import nach Europa
Im Verlauf des frühen 20. Jahrhunderts wird Halloween neben Thanksgiving zum zweiten wichtigen Familien- und Kinderfest in den USA. Es ist ein in erster Linie säkulares Fest, was von der gemischtreligiösen Bevölkerung problemlos gemeinsam gefeiert werden kann. Und hier hat sich dann auch das Fest zu einem echten Brauch entwickelt.
In den 1980er und 1990er Jahren wird Halloween dann medial in besonderer Weise aufbereitet: 1978 erscheint der Film Halloween von John Carpender, ein Kassenschlager. Es gibt diverse Nachfolger und Remakes und über diese mediale Erzählung wird der Aspekt des Grusels, des Unheimlichen verstärkt. Diese Aufladung des Festes wird wiederum gerade von Jugendlichen und jungen Erwachsenen besonders aufgenommen, gruselige Kostüme, Partiezubehör – alles spielt auf Zombies, Vampire und Horror an. Vielleicht Eine Art spielerischer, ironischer Umgang mit dem Thema Tod und Sterben.
Die Medien sind einer der Kanäle, über den das nun transformierte ehemalige Allerheiligenfest zurück nach Europa transportiert wird. Filme, Fernsehserien, Berichterstattung – über die Fernsehmonitore kommt die Alltagskultur der USA in unsere Wohnzimmer. Aber auch der zunehmende internationale Austausch trägt bei: Schüleraustausch beispielsweise und der Austausch mit den in Deutschland stationierten amerikanischen Soldaten und ihren Familien. Diese Beziehung lässt sich ziemlich deutlich nachweisen: Die erste Halloweenparty in Deutschlang findet 1975 auf der Burg Frankenstein in Südhessen statt, initiiert von dem amerikanischen Offizier Brian Hill. Heute ist die Party ein auf vier Wochenenden ausgedehnter Event, das ultimative must-have der Halloweenfans. Das Fest breitet sich in Deutschland seit Ende der 1980er Jahre vor allem im Rhein-Main-Gebiert und dem Rheinland aus, zum einen Gebiete, in denen amerikanische Soldaten stationiert waren und zum anderen Regionen, in den der Karneval in unterschiedlichen Facetten als zentrales Kulturelement tradiert ist. Halloween stößt hier auf eine Kultur, der zentrale Elemente dieses Brauchs bereits vertraut sind: das Verkleiden, das Heischen, das ausgelassene Feiern mit eskapistischen Tendenzen.
Halloween in Deutschland
Natürlich wurde dieses neue Fest in Deutschland auch ökonomisch als interessant betrachtet. Die beliebten und weit verbreiteten „Irish Pubs“ nutzen schon in den 1980er Jahren den Werbeeffekt von Halloween: Hier ließe sich typisch irisch (also ganz „ursprünglich“) Halloween feiern. Schnell bieten auch die Karnevalsausstatter zu Halloween ein entsprechendes Sortiment an, ebenso Super‑, Bau- und Bastelmärkte. Bäckereien bieten „Hallow-Amis“ oder Geister-Quarkteilchen, dazu Kürbisbrot. Der Kürbis sowieso – war dieser nach seiner Einführung im 16. Jahrhundert lange erstmal als Viehfutter in Gebrauch, dann als Arme-Leute-Essen verpönt, ist er heute ein absolutes In-Gemüse: Kürbissuppen, Kürbis-Gnocchi, Kürbisauflauf, Kürbisgemüse mediterran oder süß-sauer eingelegt – gerade heute Abend haben heischende Halloweenkinder meine Kürbispizza probieren wollen – übrigens auch die begleitende Mutter.
Die heutigen Halloweentendenzen, die übrigens gar nicht so weit verbreitet praktiziert werden, wie in den Medien oft dargestellt, sind unserer eigenen kulturellen Tradition also eigentlich gar nicht so fremd. Halloween zeigt sehr schön, dass Bräuche sich stets verändern; sie werden immer wieder transformiert, neu symbolisch aufgeladen und an aktuelle Kontexte angepasst. Das macht sie lebendig und lebensfähig – wenn diese Aktualisierungen nicht mehr vollzogen werden, stirbt der lebendige Brauch. Bräuche sind aber auch immer ein Spiegel der Gesellschaft und ihrer Werte. Die Entwicklung von Halloween in den USA, vom katholischen Brauch zum säkularen Kinderspaß zeigt das anschaulich. Aber auch die oft kritisierte Kommerzialisierung ist Element unserer Wohlstands- und Konsumgesellschaft. Die transkontinentale Reise von Europa in die USA und zurück zeigt die integrative Kraft von Bräuchen, die als eine symbolische Sprache über kulturelle und nationale Grenzen hinweg verstanden werden können. Ob Halloween tatsächlich in Deutschland als Brauch Fuß fasst und wie er dann hier gelebt wird, ist noch offen. Wichtig erscheint mir aber, dass über die tatsächliche Geschichte dieses Brauchs ein Bewusstsein für seine Bedeutung geschaffen und transportiert werden kann. Diese Bedeutung als Solidarbrauch, Erinnerungsritual an das Jenseits (und die eigene Sterblichkeit) und als karnevalesker Bruch des Alltags kann auf jeden Fall als sinnhaft erlebt werden – im Gegensatz zu mythisch verklärtem und ideologischen Blödsinn.